Ägidius wurde vermutlich um 640 als Sohn einer noblen Athener Familie geboren. Er verließ seine griechische Heimat und lebte jahrelang in der Diözese von Nîmes als Einsiedler in einer Höhle an der Mündung der Rhone in das Mittelmeer.
Entwicklung zum Heiligen
Der Legende nach nährte ihn durch Gottes Fügung eine Hirschkuh mit ihrer Milch. Während einer Jagd des WestgotenkönigsWamba (reg. 672–680) flüchtete diese Hirschkuh zu Ägidius, der sich schützend vor das Tier stellte und so versehentlich von einem Pfeil getroffen wurde. In der Erkenntnis, dass die Tugend in der Schwachheit vollendet werde, bat er Gott, dass ihm während seines Erdendaseins die Gesundheit nicht wiederkehren solle. So blieb ihm die Wunde bis an sein Lebensende. Zur Vergebung seiner Schuld an dem Jagdunfall ließ der König unter Ägidius' Leitung ein Kloster errichten. So gründete dieser 680 die später nach ihm benannte Abtei von Saint-Gilles. Zu seinen Lebzeiten dürfte der Ort noch Pons Aerarium geheißen haben, wie im Itinerarium Burdigalense aus dem Jahr 333. Bis zu seinem Tode stand er dem Kloster als Abt vor.
Weitere Legenden
Einer weiteren Legende zufolge soll Ägidius den Sohn des Fürsten von Nîmes wieder zum Leben erweckt haben.
In Rom soll er unter Gebeten die ihm vom Papst für sein Kloster geschenkten Türen aus geschnitztem Zypressenholz in den Tiber geworfen haben; nach seiner Rückkehr fand er diese dann im Hafen seiner Heimatstadt wieder.
Als ein Klosterbruder an der Jungfräulichkeit der Maria zweifelte und drei Fragen in den Sand schrieb, erblühten als Antwort des Ägidius drei weiße Lilien auf dem dürren Boden.
Karl der Große – der allerdings fast 100 Jahre später lebte – soll sich um die Fürbitten des Ägidius bemüht haben: Ein Engel legte danach einen Zettel mit der bestätigten Sündenvergebung auf den Altar, an dem Ägidius sein Amt versah. Seitdem gilt Ägidius als Beistand einer guten Beichte und Vergebung und zählt als solcher zu den Vierzehn Nothelfern. Die Fürbitte des Heiligen für den Kaiser ist unter anderem auf einem der Glasfenster in der Kathedrale von Chartres dargestellt. Der Karlsschrein im Aachener Dom zeigt Ägidius und Karl im Beichtgespräch.
Bei der Bestattung des Entschlafenen hörten Anwesende die Chöre der Engel, die seine Seele in den Himmel trugen.
Der Ägidius-Kult war auch im mittelalterlichen Polen sehr verbreitet. Die erste polnische Chronik von Gallus Anonymus berichtet, dass der einzige Sohn des polnischen Fürsten Władysław I. Herman und seiner Frau Judith – Bolesław III. Schiefmund – dank der Fürbitte des hl. Ägidius (polnischIdzi) geboren war. Der Herrscher schickte dem Heiligen nach St. Gilles eine goldene Kind-Statuette und erhielt als „Gegengabe“ den Sohn. Aus der Zeit Władysławs und Bolesławs stammen in Polen mehrere romanische Ägidius-Kirchen (Breslau[2], Krakau, Inowłódz, Tarczek), höchstwahrscheinlich von diesen zwei Herrschern gestiftet. In späteren Zeiten entstanden z. B. die Ägidius-Kirchen in Breslau, Krobia, und Wyszków.
Auch tragen die Gemeinden Ilija in der Slowakei und Šentilj in der slowenischen Untersteiermark Ägidius’ Namen.
Die Kirche und das Dominikanerkloster in der Prager Altstadt tragen seinen Namen: Kostel svatý Jiljí (St. Aegidius-Kirche).
Das ehemalige Kloster Sant’Egidio im römischen Stadtteil Trastevere ist namensgebend für die Gemeinschaft Sant’Egidio in der römisch-katholischen Kirche.
Der St. Gilgentag, auch Ägidiustag (1. September), ist vielerorts ein Tag der Volksfeste.
Auf eine Wallfahrt zum hl. Ägidius geht auch das drittgrößte bayerische Volksfest (eigentlich Jahrmarkt) zurück, der Gillamoos in Abensberg. Der Name leitet sich verschliffen ab von „St. Gilg am Moos“.