1971 war das zweite Jahr der Zusammenarbeit zwischen Porsche und der Rennmannschaft von John Wyer, die wie im Jahr davor zwei Porsche 917 in der Weltmeisterschaft einsetzte. Änderungen gab es bei den Fahrern. Völlig überraschend war Brian Redman, der Stammpartner von Jo Siffert, Ende der Saison 1970 zurückgetreten. Redman hatte den gefährlichen Rennsport aufgeben wollen und die Position des Vertriebsleiters von Volkswagen in Südafrika angenommen. Nach nur vier Monaten beendete er, irritiert von den politischen Verhältnissen in dem Land, das Engagement und kehrte nach Großbritannien und zum Rennsport zurück. Für Redman kam Derek Bell ins Team. Der zweite Abgang betraf Leo Kinnunen. Er hatte 1970 mit Partner Pedro Rodríguez vier Weltmeisterschaftsläufe gewonnen, galt aber als Eigenbrötler, der kein Englisch sprach. Schwer getroffen hatte ihn der Todessturz seines engen Freundes Hans Laine beim 1000-km-Rennen auf dem Nürburgring 1970. Für das Team des finnischen Geschäftsmanns Antti Aarnio-Wihuri, für das auch Laine gefahren war, startete er 1971 in der Interserie. Neuer Partner von Rodríguez wurde Jackie Oliver, der schon Ende der 1960er-Jahre für Wyer gefahren war.
1970 war Hans-Dieter Dechent mit zwei Porsche 908 in die Weltmeisterschaft eingestiegen. Finanziert wurde die Rennmannschaft vom italienischen Getränkekonzern Martini & Rossi. Logistische Unterstützung erhielt er von der Porsche-Rennabteilung in Zuffenhausen. Nachdem das Rennteam der Porsche Holding von Louise Piëch Ende 1970 den Rennbetrieb eingestellt hatte, übernahm Dechent 1971 das gesamte Material einschließlich zweier 917 und einen großen Teil der Techniker und Mechaniker für den eigenen Rennbetrieb. Fahrer waren Vic Elford, Gérard Larrousse, Helmut Marko und Gijs van Lennep.
Das Rennen und der tödliche Unfall von Ignazio Giunti
Das Rennen wurde vom tödlichen Unfall des Ferrari-Piloten Ignazio Giunti überschattet. Der 29-jährige Giunti war seit 1970 Werksfahrer der Scuderia. Gemeinsam mit Nino Vaccarella und Mario Andretti hatte er auf einem Ferrari 512S das 12-Stunden-Rennen von Sebring gewonnen und mit einem vierten Rang im Ferrari 312B beim Großen Preis von Belgien in der Formel 1 debütiert. Im Training erzielte Giunti im 312PB die zweitbeste Zeit und startete neben dem Trainingsschnellsten Pedro Rodríguez im Porsche 917 aus der ersten Startreihe. Während der ersten Rennstunde entwickelte sich ein Dreikampf zwischen den beiden Porsche 917 von Rodríguez und Vic Elford und dem Ferrari von Giunti. Als beide Porsche zum Nachtanken an die Boxen mussten, übernahm Giunti die Führung.
Auf dem Weg zu den Boxen um Nachzutanken und den Fahrer zu wechseln, ging in der 36. Runde dem Matra MS660 von Jean-Pierre Beltoise der Treibstoff aus. In der Horquilla, der letzten Kurve vor der Start-und-Ziel-Geraden blieb der Matra an der rechten Fahrbahnseite stehen. Die Boxenanlage war von der Fahrbahn nur durch einen weißen Strich am Boden getrennt und vom stehenden Matra 200 Meter entfernt. Allerdings lag die Einfahrt auf der anderen Straßenseite. Animiert durch die kurze Distanz, begann Beltoise den Wagen zu schieben. Dabei musste er auch einige Höhenmeter überwinden. Das Reglement verbot das Schieben eines Wagens auf der Fahrbahn. Die Streckenposten schwenkten Gelbe Flaggen, hinderten Beltoise aber nicht an seinem Tun. Zweimal war Giunti am schiebenden Beltoise vorbeigefahren, als es bei der dritten Vorbeifahrt zum tragischen Unfall kam. Beltoise hatte begonnen, den Wagen quer über die Fahrbahn zu schieben und stand auf der rechten Seite des Matra, als Mike Parkes im Ferrari 512M der Scuderia Filipinetti und Giunti im 312PB heranfuhren. Giunti hatte fast eine Runde lang versucht, den an der zehnten Stelle fahrenden Parkes zu überrunden. Parkes ging vom Gas, um links am Matra vorbeizufahren. Giunti zog nach rechts, um Parkes zu überholen und übersah dabei den in der Mitte der Fahrbahn stehenden Matra. Mit voller Wucht traf der Ferrari den Matra an der rechten Seite. Der Wagen wurde aufgerissen und ging in Flammen auf. Obwohl Rettungskräfte schnell am Unfallort waren – auch Teamkollege Arturo Merzario lief mit Helm und Handschuhen (er hatte auf ein seinen Einsatz gewartet) zum brennenden Wrack, um seinen Teamkollegen zu retten – hatte Giunti keine Überlebenschance.[1][2][3] Er wurde mit schweren Brandverletzungen in ein Krankenhaus gebracht, wo er zwei Stunden nach seiner Ankunft starb. Das Rennen wurde abgebrochen und nach den Aufräumungsarbeiten neu gestartet. Siffert und Bell gewannen im Porsche 917.
Für Beltoise hatte der Unfall ein Nachspiel. Er wurde von der FISA als Auslöser des Unfalls zu einer Geldstrafe verurteilt und verlor für ein halbes Jahr seine Fahrerlizenz.
Peter Higham: The Guinness Guide to International Motor Racing. A complete Reference from Formula 1 to Touring Car. Guinness Publishing Ltd., London 1995, ISBN 0-85112-642-1.
↑Anmerkung: Vom Unfall existieren verstörende Bilder, die auch den leblosen Körper Giuntis im ausgebrannten Wrack zeigen. (Auf deren Präsentation wird hier ausdrücklich verzichtet.)