Flämische Gemeinschaft und Flämische Region (Flandern) haben ein gemeinsames Parlament und auch eine gemeinsame Regierung – im Gegensatz zur Region Wallonien und der Französischen Gemeinschaft, wo die Organe (Regierung, Parlament) getrennt geblieben sind. Seit 1995 werden die Abgeordneten direkt gewählt. Zuvor waren sie die flämischen Abgeordneten aus dem belgischen Bundesparlament.
Das Flämische Parlament zählt 124 Abgeordnete. 118 werden in Flandern nach Verhältniswahl (mit 5%-Hürde) in fünf Wahlkreisen gewählt, die den Provinzen entsprechen. 6 Abgeordnete werden in der Region Brüssel-Hauptstadt gewählt. Vor 2004 sind diese 6 Abgeordneten von den flämischen Abgeordneten des Brüsseler Regionalrats aus ihrer Mitte gewählt worden, seither werden auch sie direkt gewählt. Die Brüsseler Abgeordneten dürfen nur über Angelegenheiten abstimmen, die sich auf die Flämische Gemeinschaft beziehen.
Geschichte
Das flämische Parlament entstand im Zuge von vier „Staatsreformen“ Belgiens 1970 bis 1993.
Mit der ersten Staatsreform wurden im Jahr 1970 drei „Kulturgemeinschaften“ eingerichtet: die niederländische, die französische und die deutsche. Alle drei erhielten ein eigenes Parlament. In der niederländischen Kulturgemeinschaft war dies der Niederländische Kulturrat (Nederlandse Cultuurraad). Der Kulturrat, der am 7. Dezember 1971 seine erste Sitzung im Palast der Nation in Brüssel abhielt, bestand aus den niederländischsprachigen Mitgliedern der belgischen Abgeordnetenkammer und des Senats.[1][2] Die Kompetenzen des Kulturrats beschränkten sich hauptsächlich auf Angelegenheiten, die mit Kultur und Sprache zusammenhingen. Es wurden drei provisorische Regionalräte geschaffen, ein flämischer, ein wallonischer und ein Brüsseler, die alle aber nur eine beratende Funktion hatten, weil man sich zunächst nicht auf eine geografische Abgrenzung der Regionen und hinsichtlich der Kompetenzen einigen konnte. Mit der zweiten Staatsreform 1980 wurden die Kompetenzen der Kulturgemeinschaften, die fortan einfach „Gemeinschaften“ hießen, auf „persönliche Angelegenheiten“ wie Gesundheitsfürsorge und Sozialhilfe ausgeweitet. Das Parlament Flandern nannte sich ab dem 1. Oktober 1980 „Flämischer Rat“ (Vlaamse Raad).[2] Außerdem wurden die beiden Regionen Flandern und Wallonien gegründet (Brüssel folgte im Jahr 1988). Auch die Regionen erhielten jeweils ein eigenes Parlament und eine eigene Regierung. Die Regionen erhielten Zuständigkeiten in den örtlichen Angelegenheiten, wie Umwelt, Raumplanung und Beschäftigung übertragen. In Flandern wurde das Parlament der Flämischen Region (Vlaamse Gewestraad, Flämischer Regionalrat) mit dem Parlament der Flämischen Gemeinschaft vereinigt. Dasselbe geschah mit den beiden Exekutiven. In Wallonien blieben die beiden Institutionen bis heute (Stand 2024) getrennt.[3]
Mit der dritten Staatsreform wurden 1988 die Befugnisse der Gemeinden und Regionen erheblich erweitert, unter anderem im Bildungsbereich. Die Region Brüssel-Hauptstadt wurde eingerichtet.[3]
Mit der vierten Staatsreform 1993 wurde Belgien vollständig in einen Bundesstaat umgewandelt. Die zweisprachige Provinz Brabant wurde in Flämisch- und Wallonisch-Brabant aufgeteilt. Die Regionen erhielten noch mehr Befugnisse und eine bessere Finanzausstattung. Die Parlamente wurden danach in direkter Wahl gewählt. 1996 nannte sich der Flämische Rat in „Flämisches Parlament“ um.[3]
Zuständigkeitsbereiche
Wenn das Parlament Gemeinschaftsaufgaben behandelt (bezogen auf die niederländischsprachige Flämische Gemeinschaft), dann geht es um Sprachenfragen in Flandern, Kultur, Unterricht und Bildung, Soziales und teilweise das Gesundheitswesen.
Regionale Angelegenheiten (bezogen auf die Flämische Region) beinhalten unter anderem Raumordnung, Wohnungsbau, Wirtschaft, Energie und Gemeindeaufsicht. Flandern darf auch internationale Verträge abschließen, wenn sie sich auf die Regionalen Angelegenheiten beziehen.
Aktuelle Parteien im Parlament
Im 2024 gewählten und bis 2029 arbeitenden Parlament gibt es acht Parteien:
↑J. Bascour: De culturele autonomie voor de Nederlandse cultuurgemeneenschap. In: Neerlandia. Band79, 23. Oktober 1975, S.140–148 (niederländisch, dbnl.org).
↑ abBruno De Wever: Cultuurraden. Encyclopedie van de Vlaamse beweging (encyclopedievlaamsebeweging.be), 1998, abgerufen am 16. Juli 2024 (niederländisch).