Howard Hawks wurde in Goshen, Indiana, als ältester Sohn des Papierfabrikanten Frank Winchester Hawks (1865–1950) und dessen Frau Helen Brown Howard (1872–1952) geboren.[1] Seine jüngeren Geschwister waren Kenneth Hawks (1898–1930), William B. Hawks (1901–1969), Grace Louise Hawks (1903–1927) und Helen Bernice Hawks (1906–1911).[1]
Nach der Geburt von Kenneth Hawks ließ sich die Familie 1898 in Neenah, Wisconsin, nieder.[1] Ab 1906 verbrachte die Familie zunehmend mehr Zeit im kalifornischen Pasadena, wo sie sich 1910 schließlich niederließ.[1] 1911 starb seine Schwester Helen Bernice an einer Darmentzündung, die Hawks’ Mutter aufgrund ihrer religiösen Überzeugung nicht behandeln ließ.[2] Als 1927 auch seine Schwester Grace Louise an einer unbehandelten Tuberkulose starb, machten Howard und Kenneth Hawks ihre Mutter dafür verantwortlich.[2]
Hawks schloss das College in Exeter (New Hampshire) ab und studierte anschließend Maschinenbau. Seine ersten Erfahrungen mit Stummfilmen machte er bei den Players-Lasky-Studios. Im Ersten Weltkrieg trat er in die US-Fliegertruppe ein. Schon in seiner Militärzeit zeichnete er viel auf, aber seine gesamten Unterlagen gingen 1973 beim Brand eines Militärarchivs verloren. Nach dem Krieg arbeitete er unter anderem in einer Flugzeugfabrik. Er versuchte über viele Wege wieder ins Filmgeschäft zu kommen, unter anderem durch Jobs wie Filmeditor, Filmarchitekt, Requisiteur oder auch als Stuntman. Im Jahr 1918 kam er zum ersten Mal mit der Filmindustrie in Hollywood in Berührung. Er jobbte hinter den Kulissen, als bei einem Film von Douglas Fairbanks der Szenenbildner ausfiel und Hawks einspringen durfte. Fairbanks war so begeistert, dass er ihm weitere Engagements verschaffte. Hawks arbeitete in den folgenden Jahren unter anderem als Regieassistent und schrieb seine ersten Drehbücher. Als bei einem Film von Mary Pickford der Regisseur wegen Trunkenheit ausfiel, ergab sich erneut eine Chance. Pickford war so zufrieden mit Hawks, dass er sich einen Namen als talentierter Regisseur machen konnte.
Howard Hawks war dreimal verheiratet, alle Ehen wurden geschieden: von 1928 bis 1940 mit der Schauspielerin Athole Shearer (1900–1985), einer Schwester des Filmstars Norma Shearer, von 1941 bis 1949 mit der New Yorker Society-Lady Slim Keith (1917–1990; eigentlich Nancy Raye Gross) sowie von 1953 bis 1958 mit der Schauspielerin Dee Hartford (1928–2018). Insgesamt hatte Hawks drei Kinder. Er starb 1977 im Alter von 81 Jahren an den Folgen eines Sturzes über einen seiner Hunde.
Themen, Stil und Bewertung
Insbesondere das Westerngenre prägte Hawks mit seiner eigenen Note, die folgendermaßen beschrieben werden kann: Oft wird die Hauptperson unter starken psychischen Druck gesetzt, um dabei die Reaktion zu beobachten – wird sie der Situation standhalten oder an ihr zerbrechen? Zur Schaffung derartiger Situationen hat er Mittel wie überlappende Dialoge eingesetzt, um damit eine Temposteigerung zu erzielen. Dadurch bekommt das Gespräch eine eigene Dynamik, und es wird Spannung aufgebaut. Darüber hinaus verlieh Hawks vielen seiner Filme immer auch eine Note seines Humors. Ein Beispiel sind die John-Wayne-Klassiker Red River, Rio Bravo, El Dorado und Rio Lobo. An Hawks’ Werk wird auch seine Vielseitigkeit geschätzt, er drehte erfolgreiche und stilbildende Filme für unterschiedliche Filmgenres wie Komödie, Drama und Thriller. Sein Regiestil war dabei meist bewusst zurückhaltend, im Mittelpunkt stand bei ihm die Handlung: Ein guter Regisseur sei der, welcher sein Publikum nicht nerve, meinte Hawks einmal.
Typisch für Hawks’ Regiestil ist sein Interesse an temporeicher Inszenierung, auf die er besonders stolz war: „In jedem Kinopublikum hat es zwei, drei Leute, die schneller begreifen als alle andern. Für diese drei mache ich meine Filme. Sie beginnen zu lachen, und die andern machen es ihnen nach.“[3]
Zudem etablierte Hawks in seinen Filmen für die damalige Zeit auffällig emanzipierte weibliche Figuren, die selbstbewusst und schlagfertig handelten. In der Filmkritik wurden diese unter dem Namen Hawksian woman bekannt. Ein Beispiel dafür ist etwa Lauren Bacall in Tote schlafen fest oder Rosalind Russell in Sein Mädchen für besondere Fälle: „Bei diesem Regisseur, der ganz besonders stolz darauf war, dass seine Gattin die noch bessere Scharfschützin war als er, haben die Frauen auch in seinen Filmen regelmässig die Nase vorn.“[3]
Obwohl Howard Hawks zahlreiche Klassiker des Kinos inszeniert hatte, wurde er bei der alljährlichen Oscarvergabe stets übersehen. Er erhielt nur eine Oscarnominierung im Jahr 1942 für den Film Sergeant York. Er verhalf mit seinen Filmen jedoch vielen Hollywoodschauspielern zu internationalen Erfolgen und zu zahlreichen Oscars. Für sein Lebenswerk erhielt er dann aber 1975 einen Ehrenoscar, nachdem er seine Karriere längst beendet hatte. Für einen Golden Globe Award war er niemals nominiert.
Academy Awards, USA
1975 Honorary Award
Walk of Fame
(Jahr unbek.) Star on the Walk of Fame: 1708 Vine Street
Kongressbibliothek
Die Filme The Big Sleep, Bringing Up Baby, His Girl Friday, Red River, Scarface, Sergeant York, The Thing from Another World und Twentieth Century wurden von der Kongressbibliothek als ‚kulturell bedeutsam‘ eingestuft und in das National Film Registry aufgenommen.
Literatur
Hans C. Blumenberg: Die Kamera in Augenhöhe. Begegnungen mit Howard Hawks. (= DuMont-Dokumente: Film). DuMont, Köln 1979, 171 S., ISBN 3-7701-1124-9.
Joseph McBride: Hawks on Hawks. University Press of Kentucky, Lexington 2013, ISBN 978-0-8131-4431-3.
Michael Töteberg (Hrsg.): Metzler Film Lexikon. 2., aktualisierte und erweiterte Auflage, Metzler, Stuttgart/Weimar 2005.
Ursula Vossen: [Artikel] Howard Hawks. In: Thomas Koebner (Hrsg.): Filmregisseure. Biographien, Werkbeschreibungen, Filmographien. 3., aktualisierte und erweiterte Auflage. Reclam, Stuttgart 2008 [1. Aufl. 1999], ISBN 978-3-15-010662-4, S. 310–316 [mit Literaturhinweisen].
Filmdokumentationen
Ein verdammt gutes Leben – Howard Hawks. 19 Kapitel aus den Erinnerungen eines Geschichtenerzählers. Deutsche TV-Dokumentation von Hans C. Blumenberg aus dem Jahr 1978, 57 Minuten
Genie ohne Grenzen – Der US-Regisseur Howard Hawks. TV-Dokumentation, 46 Minuten
↑ abcdTodd McCarthy: Howard Hawks: The Grey Fox of Hollywood. Grove Press / Atlantic Monthly Press, 1997, ISBN 0-8021-1598-5, S. 31 ff. (books.google.de).
↑ abRobert Schnakenberg: Howard Hawks. In: Die großen Filmregisseure und ihre Geheimnisse. Metrolit, 2010, ISBN 978-3-8493-0026-5.